Ob Männer weniger unter der nicht erfüllten Elternschaft leiden als ihre Partnerinnen lässt sich nicht pauschal beantworten. In der Regel fällt es ihnen aber leichter, in den Alltag zurückzukehren und sich damit abzufinden. Aus dieser Fähigkeit zu schließen, sie könnten den Verlust besser wegstecken, würde vielen nicht gerecht werden.
Während Frauen ihren Schmerz zeigen, das Gespräch suchen und sich emotionale Unterstützung einfordern – zumindest in der Beziehung und bei engen Freundinnen – geben sich Männer kontrollierter und distanzierter. Sie ziehen sich in sich zurück, verfallen in Schweigen, realisieren die veränderte Lebensperspektive und überlegen, wie es weitergehen kann. Ist dieser Prozess abgeschlossen, wird die fertige Lösung präsentiert. So entsteht leicht der Eindruck, Männer leiden kaum oder gar nicht unter der Kinderlosigkeit. Unterdessen ist seine größte Sorge, dass seine Frau niemals über den Schicksalsschlag hinwegkommen wird. Nicht selten versucht er, sie zu entlasten, indem er ihr zu verstehen gibt, auch ohne Kind glücklich zu werden. Ihre Gefühle verweilen aber noch in der Vergangenheit und Gegenwart, sind gebunden an den Abschied und noch lange nicht bereit, sich mit der veränderten Zukunft auseinander zu setzen. Manchmal ist die Frau in ihrem Schmerz sogar so gefangen, dass sie nicht mehr in der Lage ist, die Bemühungen ihres Partners wahrzunehmen. Egal, was er macht, es ist immer falsch.
In dieser Situation fühlt sich keiner vom anderen wahrgenommen und verstanden und im schlimmsten Fall bleibt jeder mit seinem Schmerz alleine, aus dem Gefühl heraus: Mein Partner, meine Partnerin versteht mich sowieso nicht.
Unterschiedlichkeit als Chance
Die Beziehung ist eine der wichtigste Ressourcen, über die ein Paar während des Trauerprozesses verfügt. Dem Paar steht sowohl die weibliche als auch die männliche Umgangsweise zur Verfügung. Es wird Zeiten geben, in denen eine emotionale Betrachtung hilfreich ist und Phasen, in denen eine gefühlvolle Auseinandersetzung weiterbringt. Es muss nur die Bereitschaft vorhanden sein, voneinander zu lernen und die Art des anderen wertzuschätzen. Allerdings darf nicht davon ausgegangen werden, dass die psychische Verarbeitung immer parallel vonstattengeht.
Dieser Idealverlauf kommt in der Realität äußerst selten vor. Der Weg des Abschieds ist ein gemeinsamer, aber auch ein einsamer. Jeder trauert für sich: Wenn der Kollege von seinen Kindern erzählt, eine Mutter den Babysafe im Einkaufswagen durch den Supermarkt schiebt, eine Kindergartengruppe den Weg kreuzt.
Tipp
Achten Sie darauf, dass während des Trauerprozesses das offene Gespräch und der Austausch über das andersartige Erleben nicht ins Stocken gerät.