Erstattung der Behandlungskosten

Neben der Behandlung gibt es selbstverständlich die Frage nach der ERSTATTUNG DER BEHANDLUNGSKOSTEN.

I. Grundsätzliche Regelungen

Gesetzliche Krankenversicherung

Für gesetzlich Krankenversicherte ergeben sich die Voraussetzungen aus den Regelungen in § 27a SGB V und weiteren Richtlinien. Danach muß vor der Behandlung ein Behandlungsplan bei der Krankenkasse eingereicht werden. Die Partner müssen miteinander verheiratet sein. Auch gibt es Altersgrenzen. Beide
Partner müssen mindestens das 25. Lebensjahr vollendet haben, wobei die Frau das 40. und der Mann das 50. Lebensjahr nicht überschritten haben dürfen. Es werden höchstens für drei Versuche einer IVF- oder ICSI-Behandlung oder für acht Inseminationen die Behandlungskosten zu 50% getragen.

Wesentlich ist, daß das Personenprinzip gilt. Das bedeutet, daß eine Krankenkasse nur diejenigen Kosten erstattet, die für die Behandlung ihres Versicherungsmitgliedes entstehen. Wie der Partner versichert ist, ist hierbei unerheblich.

Private Krankenversicherung

Anders als im gesetzlichen Krankenkassenrecht ist bei Privatversicherten der eigene Versicherungsvertrag maßgebend. Die konkreten Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Tarifbedingungen regeln, ob und wie weit Kosten im Bereich „Künstliche Befruchtung“ erstattet werden. Dieses ist unbedingt zu beachten!

Grundsätzlich ist keine vorhergehende Genehmigung erforderlich. In Tarifbedingungen neuerer Art kann dieses aber anders sein. Die Partner müssen nicht unbedingt miteinander verheiratet sein.

Es gilt das Verursachungsprinzip. Dieses bedeutet, daß die Krankenversicherung neben anderen Voraussetzungen jedenfalls nur dann erstattungs-pflichtig ist, wenn ihr Versicherungsmitglied die Behandlung verursacht. In diesem Fall werden die Behandlungskosten grundsätzlich tarifgemäß zu 100% erstattet, wenn zusätzlich gewisse Erfolgsaussichten vorliegen. Dazu hat der BGH geurteilt, daß eine Erfolgswahrscheinlichkeit von mindestens 15% erreicht werden muß. Solange diese erreicht wird, ist grundsätzlich die Anzahl der Versuche der medizinisch notwendigen Behandlungsart nicht beschränkt.

Beihilfe

Für Beihilfeberechtigte gelten die Regelungen in den Beihilfevorschriften der einzelnen Bundesländer und des Bundes sowie deren Verwaltungsvorschriften.

Den Beihilfeverordnungen ist über eine Verweisungsnorm gleich, daß die Regelungen des gesetzlichen Krankenkassenrechts in § 27a SGB V nebst den Richtlinien gelten. Somit kann die Beihilfe grundsätzlich auch wie eine gesetzliche Krankenkasse mit den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kostenbeteiligung gesehen werden. Der klassische Beihilfecharakter wird damit umgangen.

Freie Heilfürsorge

Eine Kinderwunschbehandlung wurde nicht als medizinisch notwendige Heilbehandlung im Krankheitsfall anerkannt. Die grundlegende Erhaltung der Dienst- und Wehrfähigkeit etwa von Polizistinnen/Polizisten und Soldatinnen/Soldaten wäre nicht betroffen. Insofern wurde eine unentgeltliche Heilfürsorge abgelehnt.

Dieses hat sich durch das Urteil des Bundesverwaltungsgericht in 2013 verändert. Der unerfüllte Kinderwunsch wird heute als Krankheit anerkannt. Das Gericht entschied, daß hinsichtlich der Leistungen der Freien Heilfürsorge grundsätzlich das Beihilferecht wie bei anderen Beamten anzuwenden sei. Das Beihilferecht verweist auf das gesetzliche Krankenkassenrecht.

Staatliche Förderung

Gesetzlich Versicherte können grundsätzlich eine anteilige staatliche Förderung zur Verringerung ihres gesetzlichen Eigenanteils an der Behandlung erhalten. Dieses geht aus der Bundesförderrichtlinie hervor.

Grundvoraussetzung der staatlichen Förderung ist aber, daß in dem Bundesland, in dem die Versicherten leben, auch anteilige Fördergelder durch das Bundesland gezahlt werden. An diesem Programm nehmen zumindest derzeit nicht alle Bundesländer teil.

Steuern

Gemäß § 33 EStG werden Steuerpflichtigen die Einkommensteuerlast ermäßigt, wenn ihnen eine im Vergleich mit anderen Steuerpflichtigen außergewöhnliche Belastung zwangsläufig erwächst. Krankheitskosten für eine Kinderwunschbehandlung können eine solche zwangsläufige Belastung sein.

Der Bundesfinanzhof hat Krankheitskosten als zwangsläufige beispielsweise anerkannt für eine Kinderwunschbehandlung eines Paares in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft und im Fall der heterologen Behandlung mit Spendersamen.

Ausland

Ob eine deutsche Krankenkasse und Krankenversicherung Behandlungskosten für eine im EU-Ausland durchgeführten Kinderwunschbehandlung zu erstatten hat, hängt von der Einhaltung vor allem des deutschen Embryonenschutzgesetzes ab. Die deutschen Rechtsnormen im ESchG sind sehr restriktiv. Die Reproduktionsmedizin hat in anderen EU-Staaten vielfach weiterreichende Behandlungsmöglichkeiten
als in Deutschland.

Entsprechend des gesetzlichen Krankenkassenrechts und der privaten Krankenversicherung sind Versicherte zwar berechtigt, sich im EU-Ausland behandeln zu lassen. Die deutschen Krankenkassen und Krankenversicherungen bewerten jedoch ihre Leistungspflicht nur anhand der Frage, ob die Behandlung nach deutschen Gesetzen rechtmäßig durchgeführt worden ist. Die Frage, ob die Behandlung in dem Land rechtmäßig ist, in dem die Kinderwunschbehandlung durchgeführt worden ist, ist nicht relevant. Die Rechtmäßigkeit der Behandlung läßt sich nur nach der Behandlung beurteilen.


II. TYPISCHE PROBLEME

Aufgrund der dargestellten unterschiedlichen Herleitungen der Erstattung von Behandlungskosten entstehen am meisten dann Probleme, wenn „Mischverhältnisse“ vorliegen. Dieses trifft zu, wenn ein Partner gesetzlich und der andere privat krankenversichert ist oder wenn nicht beide Partner in derselben
privaten Krankenversicherung versichert sind. Hier stoßen die starren Regelungen in § 27a SGB V auf das private System des Verursachungsprinzips und der Erfolgsaussichten der Privatversicherungen. Wenn ein Partner zusätzlich auch noch beihilfeberechtigt ist, entstehen Ansprüche gegen mindestens drei
Kostenträger. Wer die Zusammenhänge nicht kennt, verliert meistens viel Geld. Das Geflecht verlangt eine unbedingte Einzelfallprüfung.

Eine Mitverursachung der Kinderwunschbehandlung durch beide Partner ist zu prüfen. Eine private Krankenversicherung behauptet vielfach vertragswidrig, dass nicht ihr Versicherungsmitglied die Behandlung verursacht. Hier sind die Verhältnisse sehr genau zu begutachten.

Die häufigsten Probleme bestehen aufgrund der Behauptung einer privaten Krankenversicherung, die Indikation der Behandlung liege für die Behandlung nicht vor, die Verursachung liege beim anderen Partner oder die Erfolgsaussichten liegen unter 15%. Auch wird vor allem der AMH-Wert herangezogen oder eine falsche Bewertung des Spermiogramms. Hier müssen Medizin und Recht auf Grundlage der speziellen Befunde zusammenarbeiten.

Zu beachten ist, daß die Verweisung auf eine andere Versicherung rechtswidrig ist. Der BGH und das BSG haben geurteilt, daß eine Versicherung ihre Kostenerstattung nicht von der vorhergehenden Leistung einer anderen abhängig machen kann. Hierzu kann keine Krankenversicherung Informationen und
Unterlagen über die andere verlangen.

Die Kosten für eine Kryokonservierung, also für das Einfrieren von Eizellen werden grundsätzlich nicht erstattet, weil es keine eigenständige medizinisch notwendige Behandlung ist. Es gibt aber Ausnahmen von diesem Grundsatz, die zu prüfen sind.

Behandlungskosten einer heterologen Behandlung mit Spendersamen werden weder von der gesetzlichen Krankenkasse, noch von der privaten Krankenversicherung bisher erstattet. Eine heterologe Behandlung mit Eizellspende verbietet das ESchG.

Die Krankenversicherungen können nicht in die medizinische Planung der Behandlung eingreifen. Diese liegt in den Händen des Paares zusammen mit den Ärzten und ergibt sich aus den konkreten medizinischen Befunde. Dieses wird dennoch von Versicherungen vielfach rechtswidrig beeinflußt.

Diese Darstellung soll ein erster allgemeiner Einstieg in das Thema sein. Eine Einzelfallprüfung ist zu empfehlen.

Text:
Rechtsanwalt Andreas Maria Wucherpfennig
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